Der Parachuting Boss – Micro vs. Macromanagement

Matthias Henrici

Matthias Henrici

Management Garden Team

22. August 2018
6 Minuten

Kennen Sie den? Den Parachuter-Boss?
Das geht so: Sie sitzen mit Ihrem SCRUM-Team in einer operativen Besprechung. Da geht auf einmal die Tür auf und der Chef stürzt herein. Und er ruft: „Hallo! Wie geht’s? Alles klar? Ich würde gerne mal miterleben, wie ihr das hier so macht mit SCRUM, Agilität und so… Also lasst Euch von mir nicht stören. Einfach weitermachen!“ Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch führen Sie das Meeting weiter.

Und es kommt wie es kommen muss. Schon nach kurzer Zeit wird es dem Boss zu langweilig, er unterbricht das Meeting und holt die großen, strategischen Themen raus. Dazu grätscht er ganz sicher in ein Thema ein, dass er gut kennt z.B. “die Produktentwicklung.“

„Leute! Diese Produktlinie ist unsere Chance! Wir müssen hier schneller auf dem Markt sein, den Wettbewerb challengen, Zeichen im Markt setzen!“ und ähnliche Sätze sprudeln nur so aus seinem Mund. Doch irgendwann ebbt der Redestrom ab und nach 10 Minuten verlässt er das Meeting und lässt ein verwirrtes Team und irritierte Abteilungsleiter zurück.

Jump in – jump out

Dieses Verhalten nennen wir „Boss-Parachuting“, also eine Führungskraft, die per Fallschirm direkt in operatives Terrain springt um einerseits um zu zeigen, dass er sich auch für Prozessdetails, für tägliche Abläufe interessiert andererseits aber auch für Chaos und Aufregung sorgt, wenn er das Meeting nutzt um Prios zu ändern oder eigene Ideen sofort umsetzen zu wollen. Natürlich will der Boss Flagge zeigen, eine Inspiration sein, das Big-Picture aufzeigen, Perspektiven und Prios skizzieren.

Nicht böse gemeint – echt nicht!

Der Parachuter-Boss macht das nicht, um das Team oder die Abteilungsleiter zu ärgern oder zu verunsichern, ganz im Gegenteil. Er will zum einen die Teams an seinen strategischen Überlegungen und den aktuellen Ziel-Konstellationen teilhaben lassen und zum anderen möchte er deutlich machen, wie wichtig ihm die aktive, operative Arbeit ist und wie sehr diese auf sein “big-picture” einzahlt.

Das Problem: Diese beiden Sichtweisen, diese beiden Welten treffen in dieser Sekunden explosionsartig zusammen. Im gelebten Alltag eines Unternehmens und innerhalb eines Konzerns nehmen diese Positionen einen maximalen Abstand ein und sind, treffen sie direkt aufeinander, scheinbar völlig unvereinbar. Gerade noch arbeitet man angestrengt dringenden Bug-Fixing einer App und schon redet der Chef über die Ausweitung von Sales-Aktivitäten nach China??

Unvereinbar? Nein! Es wäre doch Wahnsinn und der Untergang des Unternehmens, wenn strategische Initiativen und operative Arbeit, gerade die agile operative Arbeit nicht schneller als üblich miteinander kombinierbar wären. Wir plädieren dafür, einen smarten Weg zu finden um die Lücke zwischen strategischer Initiative UND operativer Arbeit in kürzester Zeit zu schließen, ohne ein organisatorisches Chaos zu hinterlassen. Ihre Aufgabe als Führungskraft muss es sein, die strategische Kraft des Managements einzufangen und in eine operative Struktur zu übertragen UND UMGEKEHRT.

Giftiges Micromanagement

Problematischer wird das Boss-Parachuting, wenn die Führung der festen Überzeugung ist, in die operativen Maßnahmen eingreifen zu müssen. Das beginnt damit, dass eine Führungskraft glaubt, dass es “ohne ihn nicht läuft” oder er sieht sich als Korrektiv für ein, aus seiner Sicht, fehlgeschlagenes Middle-Management. Dann offenbart er einen wirklich tiefliegenden Konflikt, den er mit seinem Team hat.
Die Grenze zwischem echtem Interesse und direkter, unkontrollierter Einflussnahme ist fließend und der Unterschied für den Außenstehenden nicht immer zu erkennen. Am meisten leidet darunter das Middle-Management. Der Druck auf die Abteilungsleiter wird durch dieses Verhalten massiv, Entscheidungen sind nicht mehr frei und die Arbeitsatmosphäre kann nachhaltig so vergiftet werden, dass führende Mitarbeiter anfangen GEGEN das Unternehmen zu agieren.

Agile Transition Summit – Agil allein reicht nicht

Im Agile Transitions Summit in Mainz kommen Experten, Praktiker, Unternehmer und Führungskräfte zusammen um Strategien aufzuzeigen, den Konflikt zwischen Führung und operativer Gestaltung aufzulösen.

Das Thema “Multimodale Unternehmen” fokussiert den Blick auf die zwei großen Strategie-Achsen des Konzerns, da geht es einmal um das “Oben” und “Unten”, also um die Frage, wie man strategische Initiativen agilisiert und mit den operativen Tätigkeiten in eine zielführende Wechselwirkung bringt und zum anderen geht es um die Achse der “2 Geschwindigkeiten”. Wie bekommen wir eine Strategie, die die adaptiven Business-Ziele in einem sich dramatisch veränderlichen Marktumfeld und die deterministischen Business-Ziele, also die planbaren Ziele aus bereits bekannten Prozessen miteinander verheiratet?

 

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Matthias Henrici
Matthias Henrici

Management Garden Team

Matthias Henrici entwickelt seit Ende der neunziger Jahre wertschöpfende eCommerce-Projekte u.a. für deutsche als auch internationale Unternehmen. Seit 14 Jahren lehrt er als Dozent für Usability und Neuro-Marketing an deutschen Hochschulen und arbeitet als Conversion-Spezialist und Projektmanager für Safari sowie als freier Autor u.a. für den HighText Verlag, Computerwoche und die Wirtschaftspresse.

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