The End of Competitive Advantage – Buchvorstellung

Daniel Schupp

Daniel Schupp

Management Garden Team

17. Juni 2015
7 Minuten

Die Strategie, die noch vor wenigen Jahren sehr erfolgreich war, liefert heute nicht mehr die erwarteten Ergebnisse, sagt Rita McGrath. Wir leben in einer Zeit, in der die Kluft zwischen traditionellen Strategieansätzen und der realen Marktsituation immer größer wird. Den Grund sieht sie darin, dass traditionell das Ziel verfolgt wird, einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erreichen.

Rita McGrath ist Professorin an der Columbia Business School und eine weltweit anerkannte Expertin für Unternehmensstrategien in unsicheren und volatilen Märkten.  Außerdem ist sie eine begehrte Sprecherin und Beraterin für hochrangige Führungsteams. Neben ihrem Blog und drei Büchern, die sie als Co-Autorin mitgeschrieben hat, hat sie 2013 ihr erstes eigenes Buch “The End of Competitive Advantage” herausgebracht. Hierin erklärt sie, wie sich Unternehmen in schnell verändernden Märkten strategisch ausrichten sollten.

Rita McGrath begründet ihre Ansicht, dass der Fokus auf langfristige und nachhaltige Wettbewerbsvorteile viele Nachteile hat, damit, dass sich die Geschwindigkeit, mit der sich Märkte verändern, stark zugenommen hat. Daher sollten sich Unternehmen nicht auf langfristige Strategien verlassen, sondern kurzfristig Märkte erobern und wieder verlassen, bevor das Schiff anfängt zu sinken.

The Wave of Transient Advantage

Die Welle des kurzfristigen Wettbewerbsvorteils nennt McGrath den Lebenszyklus von Geschäftsmodellen. Dieser Zyklus unterteilt sich in fünf Phasen. Zunächst durchläuft ein Geschäftsmodell die Launch Phase, in der ein Produkt oder Service auf den Markt gebracht wird. In dieser Phase sind die Gewinne noch gering oder nicht vorhanden. Es folgt die Ramp up Phase: Zum ersten mal werden Skaleneffekte erzielt und die steigenden Verkaufszahlen erwirtschaften zunehmende Gewinne. Ziel der Exploit Phase ist es, die maximalen Gewinne abzuschöpfen. Nach einer unbestimmten Zeit, gelangt ein Geschäftsmodell, zum Beispiel aufgrund von Innovationen, an das Ende seiner Lebenszeit. Diese Periode ist gekennzeichnet von sinkenden Gewinnen. In der Disengage Phase lassen sich keine Überschüsse mehr erzielen. Ziel ist es das betreffende Geschäftsfeld schnell und geordnet aufzugeben sowie die Ressourcen auf profitable Bereiche umzuverteilen.

Dass das Strategieverständnis von McGrath erfolgreich ist, belegt sie mit Beispielen aus der Wirtschaft. Als Ausgangslage für ihre Stichprobe nahm sie alle börsennotierten Unternehmen der Welt (Stand 2010) mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 1 Mrd. $. Dann analysierte ihr Team, welche dieser Firmen in den vorangegangenen zehn Jahren ihren Gewinn um mindestens 5% jedes Jahr steigern konnten. Es blieben genau zehn Konzerne übrig, die sogenannten „Growth Outliers“. Diese dienen im weiteren Verlauf als Praxisbeispiele zur Veranschaulichung der sechs Grundsätze einer modernen Strategie.

The New Strategy Playbook

The New Strategy Playbook nennt Rita McGrath ihre sechs Grundprinzipien, die in ihren Augen den Erfolg in dynamischen Märkten sichern. Sie stellt in einem Kapitel je Prinzip die traditionelle Sichtweise der neuen gegenüber.

Kontinuierliche Rekonfiguration

Bisher gestaltet sich Veränderung in vielen Konzernen eher sprunghaft und wird nur vollzogen, wenn es tatsächlich nötig wird, weil die Exploit-Phase überstrapaziert wird. McGrath schreibt, dass Unternehmen stattdessen allen Phasen eines Geschäftsmodells Beachtung schenken sollten und sie entsprechend in ihre Planung miteinbeziehen sollten. Eine kontinuierliche Neubewertung bestehender Geschäftsmodelle und -felder soll helfen, eine Mentalität entstehen zu lassen, die einen Wandel nicht nur akzeptiert, sondern fördert. Hierfür sei es wichtig, dass Ressourcen und Personal flexibel verteilt werden können. Die Aktivitäten und Prioritäten werden hierbei der Phase des Lebenszyklus’ angepasst. Ziel dieses Ansatzes ist es, auf mehreren Wellen des temporären Vorteils gleichzeitig zu „surfen“ und somit die Last des Erfolgsdrucks auf mehrere Geschäftsfelder zu verteilen.

Gesunder Rückzug

Strategiebücher sind voll mit guten Tipps, wie man neue Geschäftsmodelle umsetzt und optimiert. Es gibt jedoch wenig dazu, wie man nicht mehr profitable Bereiche aufgibt. Deshalb nennt McGrath drei Warnhinweise, wann es Zeit ist, Ressourcen vom betroffenen Geschäftsfeld abzuziehen:

  • Sinkende Erträge bei Innovationen (Tendenz zu geringer werdendem Grad an Neuheit)
  • Alternativangebote werden zunehmend von den Kunden akzeptiert oder sind sogar günstiger, bei gleichem Kundennutzen
  • Stagnierende oder sogar sinkende Umsätze

Der Fokus verschiebt sich von einer rein objektiven Betrachtung hin zum Einbeziehen subjektiv wahrgenommener Warnhinweise. Dadurch sei ein rechtzeitiger Ausstieg wahrscheinlicher. Das Halten von Geschäftsfeldern bis zum bitteren Ende sei nach wie vor ein häufig zu beobachtendes Phänomen. Unternehmen wären jedoch wesentlich besser beraten, sich hin zu regelmäßigen geordneten Rückzügen zu entschließen. Dieser systematische Ausstieg sollte im Konzern nicht als Problem wahrgenommen werden, sondern als vollkommen normaler Prozess. Dadurch seien Mitarbeiter auch motivierter, Risiken einzugehen und neue Wege zu beschreiten.

Ressourcenallokation nutzen zur Förderung von Flexibilität

Um sich flexibel und kontinuierlich verändern zu können, ist es wichtig, dass Ressourcen zentral kontrolliert werden. Nicht durch einzelne Abteilungsfürsten, die auf ihrem Thron sitzen und so viel Budget und Personal wie möglich besetzen, um ihrem Machtbedürfnis gerecht zu werden.

Es ist nicht wichtig, Ressourcen zu besitzen, sondern sie nutzen zu können.

Durch die zentralisierte Zuteilung aller Ressourcen auf Basis regelmäßiger Neubewertungen ist eine höhere Flexibilität in der Verteilung möglich. Diese Vorgehensweise ermöglicht zudem ein höheres Maß an Sparsamkeit. Somit kann der Bestand an gebundenem Vermögen reduziert werden. Flexibilität muss sich auch im Organisationsdesign widerspiegeln. Die Unternehmensstruktur sollte sich den Chancen anpassen und dementsprechend anpassbar sein, nicht umgekehrt.

Aufbauen der Innovationsfähigkeit

Erfolgreiche Innovationen sind die Basis für kontinuierliche Veränderung. Deshalb sollten Unternehmen Innovationsaufgaben besonderen Raum geben. Innovationen sollten nicht als Nebentätigkeit betrachtet werden, sondern durch einen kontinuierlichen, systematischen Prozess vorangetrieben werden. Das Budget für Innovationen ist idealerweise nicht verknüpft mit dem, was für das Alltagsgeschäft zur Verfügung steht. Der Grund für diesen Vorschlag ist, dass durch die Trennung sichergestellt wird, dass bei Budgetdruck nicht am Innovationsbudget gespart wird. Als methodische Vorgehensweise sollten Unternehmen agile Methoden verwenden und sich stark an den Kundenbedürfnissen orientieren.

Führung und Mentalität

Die Führung nimmt in Konzernen eine besondere Rolle ein. McGrath sagt, dass insbesondere Führungskräfte, die bisher die traditionellen Strategieansätze gelebt haben, ihr Denken verändern müssten. Die Akzeptanz einer geringeren Planbarkeit sei hierbei ein zentraler Bestandteil. Im Fokus ständen nach neuer Logik die Überprüfung von Ideen mit Kunden sowie das agile Entwickeln von innovativen Produkten statt der Verbesserung des bisherigen Geschäftsmodells. Dementsprechend sollten Führungskräfte auch ihre Mitarbeiter anhalten, kontinuierlich nach Veränderung zu streben.

Persönliche Auswirkungen von flüchtigen Vorteilen

Im letzten Kapitel geht Rita McGrath auf die Implikationen der beschriebenen Entwicklung für einzelne Individuen ein. Denn auch auf einzelne Personen lässt sich das Konzept übertragen. Waren bisher Hierarchien und der Aufstieg innerhalb dieser wichtig, geht es heute mehr um die Entwicklung individueller Skills. Damit seien Angestellte besser auf unerwartete Veränderungen, wie zum Beispiel eine Kündigung, vorbereitet.

Leseerfahrung The End of Competitive Advantage

Ich habe das vorgestellte Buch auf Englisch gelesen. Die verwendete Sprache lässt sich auch als Nicht-Muttersprachler sehr gut verstehen und die vielen Beispiele aus der Praxis passen sehr gut zu den Thesen von Rita McGrath. Die Argumentation wird dadurch plastisch und leicht nachvollziehbar. Etwas schade ist, dass sie die Empfehlungen für Unternehmen relativ oberflächlich hält. Hier wären Checklisten o.ä. für Manager sicher eine hilfreiche Ergänzung gewesen. Dennoch kann ich das Buch sehr weiterempfehlen!

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