Wie die Customer Obsession-Kultur von Netflix zu einer Customer Obsession führte

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Management Garden Team

15. Oktober 2021
18 Minuten

Wie man Kund:innen ins Zentrum von allem was man tut stellt, um großartige Produkte, Marken und Unternehmen zu erschaffen.

Im Jahr 2005, als ich bei Netflix als VP für Produkte einstieg, fragte ich den CEO, Reed Hastings, was nach seinem Wunsch einmal sein Vermächtnis sein solle. Seine Antwort: „Consumer Science.“. Er erklärte: „Führungspersönlichkeiten wie Steve Jobs haben einen Sinn für Stil und dafür, was Kunden wollen, aber ich habe den nicht. Wir brauchen Consumer Science um an denselben Punkt zu gelangen.“

Reeds Bestreben war es, dass das Netflix Team durch wissenschaftliche Verfahren herausfinden würde, was Kund:innen begeistert. Er formulierte Hypothesen mittels existierender quantitativer und qualitativer Daten und Umfragen, um dann mittels A/B Tests herauszufinden, welche dieser Ideen funktionierte. Seine Vision war es, dass Netflix Product Leader bemerkenswerte Consumer Insights entwickeln würden, angetrieben durch ständige Erkenntnisse aus tausenden von Experimenten.

Während meiner Zeit bei Netflix und später bei meinem nächsten Startup, Chegg, lernte ich von der Kundenorientierung zur „Customer Obsession“ zu wechseln und Reeds Begriff von Consumer Science anzunehmen. Hier ist meine Sicht auf diesen Übergang:

Kundenorientierung ist großartig, Obession ist noch besser.

Über die Jahre änderte sich mein Fokus von einer „Was sagen Kund:innen?“ zu einer „Lass es uns testen!“- Mentalität der Consumer Science. Die Consumer Insights meines Teams verbesserten sich, der Lernprozess wurde beschleunigt und wir waren fähig, stärkere Hypothesen darüber zu entwickeln, was Kund:innen begeistert.

Hier sind die von uns verwendeten Forschungsmethoden und wie diese zu Consumer Science und Customer Obsession beigetragen haben:

  • Wir haben existierende quantitative Daten verwendet, um vergangenes und aktuelles Verhalten zu verstehen
  • Wir haben qualitative Daten berücksichtigt: Fokusgruppen, One-on-Ones, Benutzerfreundlichkeit – um zu hören, wie die Leute über unsere Arbeit denken und wie sie darauf reagieren.
  • Wir haben Umfragen durchgeführt, um einzufangen, wer die Kund:innen sind und wie wir über sie denken müssen – durch Demografie, durch Nutzung wettbewerbsfähiger Produkte, Unterhaltungspräferenzen, etc.
  • Dann haben wir die, mithilfe der oben genannten Datensammlungen formulierten, Hypothesen mittels A/B Tests nachgeprüft, um zu sehen was funktioniert.

Die meisten von uns in Erfahrung gebrachten Insights waren die Resultate einer Kombination aus den oben genannten Forschungsmethoden.

Für mich bedeutet Customer Obsession eine gesunde/angemessene Besorgnis um unerwartete, zukünftige Kundenbedürfnisse, welche auf der Anwendung eines Forschungsmethodenmix‘ basieren. Die Kund:innen sollten hierbei ins Zentrum allen Schaffens gestellt werden, sodass man anfängt das Produkt aus den Augen der Kund:innen zu sehen. Ich habe herausgefunden, dass Consumer Science – die wissenschaftliche Methode erst Hypothesen zu formen und dann zu testen – der beste Weg ist, um eine Kultur der Customer Obsession aufzubauen und herauszufinden, was Kund:innen in einer Weise begeistert, die schwer imitierbar, sowie gewinnspannenerhöhend ist.

1. Die Grundlage: Vorhandene Daten

Meine Einführung in den datengetriebenen Ansatz von Netflix begann mit einem e-Staff Meeting am Montagmorgen, bei dem wir uns „e-Staff-Metriken“ anschauten. Fünfzehn Führungskräfte saßen im Raum, durchsiebten Daten und stellten Fragen. Die Metriken maßen Kundenbindung, Umsatz und Kosten, aber genauso wichtig, Änderungen im Kundenverhalten. Wir behielten ein Auge auf die Metriken und suchten nach unerklärten Änderungen.

Betrachten Sie die rote Linie, die nach Juni nach oben steigt – ein überraschender Anstieg der Kündigungsrate im Juni 2005

Ein Anstieg an Kündigungen führte zu einer rasanten Suche, um herauszufinden, was passiert war. Handelte es sich um einen Datenfehler? Hatten wir eine Änderung der Website implementiert, die unbeabsichtigte Konsequenzen hatte?

Nachdem wir in den Daten herumgegraben hatten, war die Haupthypothese, dass die Kündigungen mit dem anstehenden Sommer in Verbindung standen: unsere Mitglieder wollten mehr Zeit im Freien verbringen. Aber warum hatten wir diese Erhöhung nicht schon in der Vergangenheit beobachtet? War das Wetter dieses Jahr besser? (Nein.) Waren wir dabei, ein Kündigungsraten-Plateau zu erreichen? (Unwahrscheinlich.) Ich erinnere mich daran, dass mich die ansteigende Zahl der Analyst:innen, die wir auf das Problem hetzten, beeindruckte – die intellektuelle Neugierde des Teams war unersättlich.

Im nächsten Monat lösten wir das Mysterium. Rückblickend erscheint es simpel, aber im „Schlachtgetümmel“ dauerte es eine Weile, um das Problem in den Vordergrund zu rücken. Im späten Frühling der vergangenen Jahre hatten wir stets die Preise gesenkt. Dies verschleierte einen jährlichen Anstieg der Kündigungen wegen des Sommerwetters. 2005 war das erste Jahr, in dem wir unsere Preise nicht gesenkt hatten als es auf den Sommer zuging.

Diese Untersuchung  der Kündigungsraten half uns dabei, eine neue Hypothese darüber aufzustellen, wie wir Kundenbindung verbessern können. Während wir regionale Daten betrachteten, fiel uns eine erstaunlich schnelle Verbesserung der Kündigungsraten in Hawaii auf. Unten bilde ich die ungefähren Daten für Hawaii, San Jose und Boise nach:

Die Kündigungsrate in Hawaii fällt schnell – warum?

Die niedrigste Kündigungsrate (San Jose) machte Sinn, da wir unseren Service dort zuerst eingeführt hatten. Boise startete ein paar Jahre später und dort näherte sich die Kündigungsrate langsam der von San Jose an. Die Überraschung war die Verbesserung in Hawaii. Warum waren Kündigungen von 8% auf 6% in weniger als zwei Monaten gefallen?

Die Antwort war einfach. Als wir unseren Service in Hawaii einführten, verschickten wir noch DVDs aus unserem Los Angeles Lager und es brauchte drei Tage, bis eine DVD ankam. Jedoch eröffneten wir im August ein neues Lager in Honolulu. Dadurch verbesserten sich die Lieferzeiten von drei Tagen auf über Nacht, was zu weniger Kündigungen führte.

Wir formulierten eine neue Hypothese: „Eine Erhöhung der DVD-Liefergeschwindigkeit verbessert die Kundenbindung“. Auch fügten wir unseren e-Staff Metriken eine weitere Metrik hinzu: „Die Prozentzahl der DVDs, welche am nächsten Tag geliefert werden“. Über die nächsten paar Jahre baute unser Operations Team unser automatisiertes DVD Liefersystem von zwanzig Lager zu einer Entsprechung von einhundert Lagern aus. Wir verbanden unser Inventarsystem außerdem mit dem Merchandising System und zeigten Titel nur dann auf der Seite eines Mitglieds an, wenn die DVD im lokalen Lager vorrätig war, sodass sie am nächsten Tag beim Mitglied sein konnte.

2. Insight: Qualitative Daten & Umfragen

Qualitative Forschung: Fokusgruppen, One-on-Ones und Benutzerfreundlichkeit

Mein erstes Jahr bei Netflix hielt eine weitere Herausforderung bereit. Reed war ein scharfer Befürworter der Hypothese, dass einzigartige Filmfindungstools Kundenbindung dadurch verbessern würden, dass sie Kund:innen halfen, ihre Lieblingsfilme zu finden. Diese Tools sollten darüber hinaus die Gewinnspanne erhöhen, indem Titel mit niedrigeren Lizenzgebühren vermarktet wurden.

In einem früheren Prototyp fingen Videopreviews automatisch an zu spielen, sobald Mitglieder auf ihrer Startseite ankamen. In einem anderen gab es einen großen Play-Button auf der Filmvorschauseite, welche Mitglieder klicken konnten, um die Vorschau zu starten.

Ein Beispiel einer der Testzellen für die Preview-Tests

Wir untersuchten verschiedene Prototypen in Fokusgruppen, doch Kund:innen waren skeptisch. Einige Kund:innen gaben an, dass der Hauptgrund für das Ansehen von Previews, das frühzeitige Eintreffen im Kinosaal, um gute Sitzplätze zu ergattern, war – sie waren ein unfreiwilliges Publikum. Andere Kund:innen fanden, dass Previews zu viel über den Film verrieten.

Reed und ich sprachen über diese Probleme, aber er wollte basierend auf diesen qualitativen Daten keine Entscheidung treffen. Die Fokusgruppe bestand aus einer kleinen Gruppe von Zuschauer:innen, die jedoch wahrscheinlich nicht repräsentativ für unsere nationale Zuschauerschaft war.

Wir führten den A/B Test durch und die „Previews“ verbesserten weder Kundenbindung noch andere proxy-Metriken. Trotzdem war ich froh, die qualitativen Befragungen durchgeführt zu haben, da ich nun den Grund für deren Versagen verstand – Kund:innen waren überzeugt, dass Previews ein notwendiges Übel seien. Als Teammitglieder sich sorgten, dass der Test aufgrund von mangelhafter Durchführung gescheitert war, berichtete ich, dass die Bedienbarkeit, basierend auf vielen One-on-Ones, exzellent sei.

Ein Gebiet, in welchem ich qualitative Methoden besonders nützlich fand war das der Startseitenoptimierung für Nichtmitglieder –das „Portal“ zu unserer Website. Jahrelang probierte sich Netflix an einer Vielzahl an Herangehensweisen – eine Änderung der Optik, der Sprache und des interaktiven Designs – um Kund:innen dazu zu bringen, einen kostenlosen Probemonat zu beginnen. Jeden Monat organisierten wir Fokusgruppen zu Benutzerfreundlichkeit und One-on-Ones überall im Land.

Die nicht-Mitglieder Website von Netflix (2006)

Die Fokusgruppen halfen uns, unseren „Wissensfluch“ abzumildern. Damit meine ich, dass wir unser Produkt so gut kannten, dass es schwer für uns war wie normale Kund:innen zu denken. Zum Beispiel zerbrachen wir uns monatelang den Kopf, weil wir überlegten, wie wir unsere Preise von $22/Monat auf $15/Monat senken konnten. Unsere Einsicht: Anders als wir „Filmfreaks“ bei Netflix, brauchten Kund:innen nur ein oder zwei DVDs zur Auswahl, wenn sie sich einen Film anschauen wollten. Daher testeten wir den $9 und $15, also den ein- und zwei-DVD-Plan. Diese waren erfolgreich und wurden für alle eingeführt.

Qualitative Forschung ermöglichte es uns, wesentliche Erkenntnisse rund um Sprache, Optik und die Positionierung von Produkt und Marke zu finden. Einige Beispiele:

  • Der effektivste Weg uns in den frühen Jahren gegen Blockbuster zu positionieren, war der Slogan „keine verspäteten Gebühren“.
  • Die „glückliche Familie auf der Couch“ kommuniziert überzeugenden emotionalen Nutzen.
  • In den frühen Tagen der digitalen Ausspielung existierte das Wort „Streaming“ noch nicht und wurde mit „Streamlining“, dem englischen Wort für „Straffung“ und „Vereinfachung“, also etwas Negativem assoziiert. Damals nutzten wir die Formulierung „Watch Instantly“ um unseren entstehenden Service zu beschreiben, bis „Streaming“ von der breiten Masse verstanden wurde.

Alle diese Erkenntnisse wurden zuerst qualitativ gesammelt, dann in A/B Tests getestet und validiert.

Wir lernten Fokusgruppen im ganzen Land zu organisieren und als Team hörten wir gewissenhaft zu, lernten von unseren Kund:innen und legten langsam unseren Silicon Valley „Freakismus“ ab. Das Resultat war ein Produktteam, das eine viel stärkere „Kundenstimme“ in den Köpfen hatte.

Umfragedaten

Als ich zu Netflix kam, stand ich Umfragen kritisch gegenüber. Ich hatte erkannt, dass das was Kund:innen sagten, oft davon abweicht, wie sie sich verhalten. Trotzdem fand ich drei Arten von Umfragen bei Netflix hilfreich:

  • Demografische Umfrage. Es ist gut zu wissen, wer die eigenen Kund:innen sind – wir waren oft überrascht.
  • Kündigungsumfrage. Wenn Kund:innen kündigten, fragten wir sie, warum sie dies taten. Das gab uns eine Trendlinie – wenn ein Problem über Zeit vermehrt auftrat, konnten wir diesem schnell entgegenwirken.
  • Beispieldaten. Mit unserer wachsenden Kundenbasis nutzten wir auch Umfragen um die Qualität von Schlüsselattributen wie DVD Liefergeschwindigkeit und Streaming Qualität zu bewerten.

Net Promoter Score. Dieser ist ein Stellvertreter für die allgemeine Produktqualität und obwohl Netflix viel bedeutendere Daten zur Kundenbindung hat, fand ich, dass der Net Promoter Score ein angemessener Stellvertreter für die Produktqualität und einfach durchzuführen ist. Wenn ich mit anderen Firmen arbeite, stimmt mich ein NPS Score über 50 hoffnungsvoll und ich  bin aufgeregt, wenn der NPS über 70 steigt (In der Vergangenheit hatte Netflix einen NPS, der nah an 80 war).

Eine angemessene Schätzung von Netflix heutigem Net Promoter Score

Für Startups, die nicht über die Ressourcen oder den Maßstab verfügen, um A/B Tests durchzuführen, sowie für schnell wachsende Unternehmen, die skalierbare Methoden brauchen, um mit ihren Kund:innen in Verbindung zu bleiben, sind Umfragen ein hilfreicher Teil des Konsumentenforschungsmix.

3. Der finale Vermittler: A/B Tests

Bei Netflix kamen gute Ideen von überall – von existierenden Daten, qualitativer Forschung, Umfragedaten und von Ergebnissen früherer A/B Tests. Jedoch waren A/B Tests die verlässlichsten Vermittler dafür, ob wir Kundenverhalten ändern konnten und um die Balance zwischen Begeisterung und Gewinnspanne zu messen.

Mit diesem Balanceakt wurde ich durch den „perfekte Neuerscheinung-Test“ vertraut gemacht. In der Zeit, in der ich Netflix beigetreten bin, war die von Mitgliedern am häufigsten gestellte Forderung: „macht es möglich, schneller und leichter Neuerscheinungen zu bekommen“. Als Antwort darauf kreierte Netflix eine Testzelle, in der Mitglieder Neuerscheinungen einen Tag, nachdem sie sie zum Anfang ihrer Filmliste hinzugefügt hatten, bekamen. Mitglieder in der Kontrollzelle mussten Tage oder Wochen auf eine neuerschienene DVD warten.

Das Ergebnis des Tests: eine sehr kleine Verbesserung hinsichtlich Kundenbindung, aber die zunehmenden Kosten des verbesserten Service waren hoch. Es benötigte Millionen von Dollar, um ein Inventar an teuren Neuerscheinungen zu kaufen. In diesem Fall überwogen die Kosten des verbesserten Service die Vorteile durch Kundenbegeisterung bei Weitem. Um es anders zu formulieren, die Kund:innen maßen der Verbesserung nicht genug Wert bei, um die größere Investition ins Inventar zu rechtfertigen.

Wir hatten eine Formel, welche uns half, diesen Balanceakt zu definieren. Wir waren gewillt, bis zu $200 für jede/n „gerettete/n Kund:in“ zu zahlen, oder anders, zwei Mal den Lifetime Value einer/s Kund:in. Der „2x Mundpropaganda-Faktor“ war unser Weg, um Product Leader zu ermutigen, ihren Einsatz Kundenbegeisterung zu erhöhen zu verdoppeln. Der Gedanke hier war, dass eine Verbesserung nicht nur dazu führen würde, eine/n Kund:in zu binden, sondern dass Kund:innen darüber hinaus vom Service schwärmen würden und so gratis eine/n weiteren Kund:in für den Service gewinnen würden.

Viele der A/B-Test Ergebnisse waren nicht intuitiv. Beim Erstellen der Website und dem TV-basierten Service nahmen wir wiederholt zur Kenntnis, dass ein simples Design ein Komplettes übertrumpft. Jedoch gab es eine nennenswerte Ausnahme: unsere Seite für nicht-Mitglieder. Alle sechs Monate nutzten wir A/B-Tests, um ein einfacheres nicht-Mitglieder Erlebnis zu testen, aber die kompliziertere Handhabung gewann stets. Unsere Theorie: Ein Auftritt, der hohen Wert vermittelt, fördert die Neunkundengewinnung und eine Art dies zu vermitteln ist es, viel „Zeug“ auf der Seite zu platzieren.

Die Netflix Seite im Jahr 2010. Immer noch nicht vereinfacht – mehr „Zeug“ kommuniziert höheren Wert.

Im Jahr 2013 gewann unsere simplere nicht-Mitgliederseite endlich. Zu dieser Zeit hatte die Marke Netflix an Bekanntheit gewonnen und konnte den Wert des Service eigenständig kommunizieren. Heute sieht man eine wesentlich simplere nicht-Mitglieder Seite:

Die heutige Netflix nicht-Mitgliederseite ist sehr vereinfacht. Es hat 15 Jahre gebraucht, aber die Marke kommuniziert nun wesentlichen Mehrwert.

Eine weitere neue Erkenntnis durch A/B Tests: im letzten Jahr ist Netflix von einem fünf-Sterne-Bewertungssystem zu einem einfacheren „Daumen hoch, Daumen runter“-Bewertungssystem übergewechselt. Während Mitglieder über die Änderung grummelten, verdoppelte sich die Anzahl an Bewertungen.

Netflix testete Daumen gegen Sterne. Daumen verdoppelten die Nummer an Bewertungen.

Im Ergebnis ist ein weiterer Consumer Insight versteckt. Wenn man die Filmvorschauseite genau betrachtet, sieht man, dass dort keine Sterne angezeigt werden, sondern eine Indiz-Zahl für die Wahrscheinlichkeit, mit der einem der Film gefallen wird – die „Übereinstimmungsprozentzahl“.

Betrachten Sie den 98%-Treffer für „Casino“ – es gibt keine Sternebewertungen mehr für Filme.

Hinter diesem Resultat stehen eine Reihe an Consumer Insights, die Netflix durch eine Kombination von existierenden Daten, qualitativen Daten und A/B-Tests in Erfahrung brachte.

  • Die ursprüngliche Hypothese war, dass, je höherwertig die Filme waren, die Mitglieder ansahen (gemessen an einem hohen Sterne-Durchschnitt), desto eher würden sie dem Service treu bleiben. Diese Vorstellung stimmte mit dem überein, was Kund:innen in qualitativen Befragungen sagten. Unglücklicherweise wurde dies nicht von den Daten bestätigt. Im Laufe der Zeit führten höhere Bewertungen von Mitgliedern nicht zu höherer Kundenbindung.
  • Mit dem Wechsel zur „Übereinstimmungsprozentzahl“ erkannte Netlfix an, dass, obwohl man eine „Lass dein Gehirn vor der Tür liegen“- Adam Sandler Komödie nur mit drei Sternen bewerten mag, man sie trotzdem genießt. Und so gut wie es sich anfühlen mag, „Schindlers Liste“ zu schauen und den Film mit fünf Sternen zu bewerten, hebt es trotzdem nicht das allgemeine Vergnügen (der Film ist nicht gerade ein Feelgood-Streifen).

Durch eine Kombination aus dem Analysieren existierender Daten, aus dem was Kund:innen in Umfragen sagen und Ergebnisse von A/B Test, wechselte Netflix von Sternen zu Daumen. Zusammen mit einer Wahrscheinlichkeit in Prozent, wie gut ein Film zu einem „passt“, unabhängig von der „Sterne-Qualität“.

Dieser zehnjährige Wandel von Sternen zur „Übereinstimmungsprozentzahl“ beschreibt den Kern dafür, eine Kultur der Customer Obsession zu kreieren: eine Hingabe zu experimentellen Methoden, die alle vier Forschungsmethoden zu nutzen. Und genauso wie die schnellere Lieferung von DVDs, trifft die Personalisierungstechnologie von Netflix die „Dreieinigkeit“. Sie begeistert Kund:innen mit großartigen Filmvorschlägen, ist schwer imitierbar (Netflix kennt den Filmgeschmack von 120 Millionen Mitgliedern weltweit) und verbessert die Gewinnspanne (indem Filme vermarktet werden, die weniger kosten).

Warum sollte man alle vier Forschungsmethoden nutzen? Jede Taktik hat ihre eigenen blinden Flecken. Zum Beispiel beschreiben bereits existierende Daten was heute passiert, aber nicht, was in der Zukunft passieren wird. Auch „lügen“ Kund:innen auf freundliche Art in qualitativen Verfahren, wie auch in Umfragen („Ich würde niemals Adam Sandler anschauen!“ und es gibt eine Menge, die man nicht A/B testen kann (denken Sie an Netflix gescheiterten Versuch, ein eigenes DVD-Unternehmen durch „Qwikster“ aufzubauen – es war nicht testbar)).

Unten habe ich mein Bestes versucht, um die Stärken und Schwächen jedes Ansatzes zu umreißen. (Grün ist gut, rot ist schlecht):

Als „Consumer Scientist“ hat man eine Reihe an Forschungstechniken zur Hand und die Formatierung, das Testen und die Analyse jeder Hypothese benötigt einen Mix aus Techniken.

Zusammenfassung: Consumer Science

Der Schlüssel, um eine Unternehmenskultur, bei der Customer Obsession im Zentrum steht, zu schaffen, ist es, Consumer Science zu verinnerlichen und mit hoher Frequenz zu testen, um aus Erfolg sowie Misserfolg schnell zu lernen.

Hier ist meine Checkliste für Ihre Organisation:

  • Verfügt Ihre Firma über ein gut entwickeltes Set an „e-Staff Metriken“, die dabei helfen Hypothesen zu formulieren, aber das Team auch über die Balance zwischen Begeisterung und Gewinnspanne aufzuklären?
  • Verfügen Sie über Umfragen, welche die Demografie Ihrer Kund:innen, warum sie kündigen, sowie auch den Net Promoter Score illustrieren? Haben Sie die Fähigkeiten, um „Beispieldaten“ von Kund:innen zu sammeln, um eine Trendlinie abzubilden und Fehler schnell zu erfassen?
  • Haben Sie kontinuierliche Fokusgruppen, One-on-Ones und Benutzerfreundlichkeits-Sitzungen mit Ihren Kund:innen? Trifft sich Ihr Team mit den Kund:innen und tauscht es sich mit ihnen aus, um eine „Kundenstimme“ innerhalb Ihrer Organisation zu entwickeln?
  • Haben Sie die Möglichkeit zum A/B-Testen geschaffen, welche es Ihnen erlaubt, die Abwägung zwischen Begeisterung und Gewinnspanne zu messen und die Intuition des Teams zu stärken, um in der Zukunft stärkere Hypothesen auszustellen?
  • Haben Sie eine Produktstrategie basierend auf den Consumer Insights und Learnings, die Ihre Hypothesen über das definiert, von dem Sie hoffen, dass es die Dreieinigkeit, Kund:innen in einer schwer imitierbaren, gewinnspannenvergrößernden Art zu begeistern, erfüllen wird?

Es gibt noch eine weitere Anforderung: Geduld. Viele Unternehmen sind am Anfang wirklich schlecht darin und es braucht etwa zwanzig Jahre, um ein großartiges Unternehmen zu werden. Der CEO von Amazon, Jeff Bezos, fasst diesen Ansatz anschaulich zusammen:

Aus Amazons jährlichem Brief (2016).

 

Vielen Dank, dass Sie meinen Artikel gelesen haben.

Beste Grüße,

Gib

Gibson Biddle

PS: Hier finden Sie meine Website und meinen gratis Ask Gib Product-Newsletter.

This article is a German translation of the article entitled „How Netflix’s Customer Obsession Created a Customer Obsession” by Gibson Biddle.

Titelfoto: Adaption von photo by re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0).

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