Nie wieder ohne Customer Insights!

Matthias Henrici

Matthias Henrici

Management Garden Team

13. April 2016
11 Minuten

Arbeiten mit der Customer Insights Rose. Möchten Sie Produkte oder Produktfeatures entwickeln, die eigentlich niemand braucht? Wollen Sie eine teure Werbe-Kampagne in einer Stadt initiieren, in der nur 1% Ihrer potentiellen Kunden leben? Möchten Sie, dass Ihr neues Logo bei Ihren wichtigsten Kunden die Assoziation eines menschlichen Geschlechtsorgans auslöst? Wollen Sie eine PR Agentur für eine Content Marketing Story bezahlen, die niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlockt? Nein? Dann werden Sie sich bestimmt für die Customer Insights Rose interessieren!

Kennen Sie das? Sie wissen, dass Schokolade auf die Hüften geht, aber Sie können das naschen nicht lassen? Oft genug greifen Sie einfach in das Regal für die Schoko-Drops und pfeifen sich eine richtig dicke Ladung von den leckeren Süßigkeiten rein? Trösten Sie sich. Unternehmen geht es ganz genauso – nur mit dem Unterschied, dass sie etwas unterlassen, anstatt es zu machen.

Unternehmen wissen zum Beispiel ganz genau, dass sie sich im Laufe ihres Lebenszyklus immer weiter von ihren Kunden entfernen. Das ist fast schon ein Naturgesetz. Aber im Zeitalter der Digitalisierung kommt erschwerend hinzu, dass viele strategische Erkenntnisse, z.B. über Nutzerverhalten, Produkt-Interesse oder Desinteresse, über automatische und digitale Messsysteme wie z.B. Big Data Analysen messbar sind. Warum ist das ein Problem? Für die meisten Unternehmen gilt letztere Erkenntnis nur theoretisch. Umgesetzt wird das aus den unterschiedlichsten Gründen heraus nämlich nicht. Und weil andererseits klassische MaFo sich so schrecklich unmodern anfühlt, unterlässt man das auch.

Vielleicht hat jemand ein Deep-Learning KI-System vorgeschlagen und eine Arbeitsgruppe mit der Idee gebildet, dass das eCommerce-Portal bald schlau genug sei, sich den Kundeninteressen “automatisch” besser anzupassen. Da wartet man dann lieber noch ein, zwei Jährchen bis das magische Ereignis eingetroffen ist und spart sich die UX-Labs für den Online-Shop. Da bekommt allerdings der “deep-learning Ansatz” schnell den Nimbus von Feenstaub, weil praktisch nichts geringeres als Wunder erwartet werden.

„Nicht hinter der Digitalisierung verstecken – Wir brauchen die lebendige Konfrontation …“

Aber Digitalisierung heißt eben nicht, dass man sich hinter automatischen Systemen verstecken kann. Wir brauchen weiterhin die Konfrontation mit dem lebendigen Kunden. Auch Big Data kann nicht alle „blinden Flecken“ des Konsumenten aufdecken, Schwachstellen offenbaren oder Erfolgs-Muster erkennen. Erfolgreich ist vielmehr eine Kombination von Methoden der qualitativen und quantitativen Messinstrumente in Verbindungen mit agilen Methoden der Messung, Produktentwicklung und Innovations-Strategie.

Was tun? Eine Einzelbetrachtung von Problemstellungen macht als erstes Sinn. Die Aufmerksamkeit für das Thema „Customer-Insights“ lässt sich mit Hilfe einer grafischen Eselsbrücke ganz gut in den Griff kriegen. Grundlage für diese Idee ist ein ganz einfaches Schema. Es geht um 7 Touchpoints, Situationen und Momente, die niemals ohne Kundenwissen stattfinden dürfen und es gibt zu jedem dieser zentralen Momente ein einfaches Set an Möglichkeiten. Voilá. Wir präsentieren die Customer Insights Rose.

 

Customer Insights Rose

 

Hinter jedem Rosenblatt finden Sie zunächst die entsprechenden Fragestellungen. In den kommenden Wochen werden wir jeweils eine der sieben Themenstellung aufgreifen und dann Customer Insights Lösungen an Hand von konkreten Beispielen und genialen Tools vorstellen:

1) Produktentwicklung

Die Problemstellung: Das Unternehmen möchte ein gänzlich neues innovatives Produkt entwickeln. Insights zu Kundenbedürfnissen oder möglichen Produktideen liegen noch nicht vor, oder es gibt Zweifel, ob die Produkt-Ideen auf validen Kundenbedürfnissen beruhen. Kundenwissen ist an jeder Stelle, Situation und Phase des klassischen Produktlebenszyklus von elementarer Wichtigkeit.

Fragen, die nur Ihre Kunden beantworten können

  • Welche grundsätzlichen Bedürfnisse von Menschen und Märkten sollen mit dem Produkt befriedigt werden können?
  • Wie können kreative und auf Customer Insights basierende Lösungsansätze ausgestaltet werden?
  • Welche möglichen Produkte und Produktvarianten werden vom Kunden präferiert?
  • Ist die Value Proposition für das Produkt generell vorhanden oder stark genug?
  • Welche Alternativen stehen dem Kunden bislang zur Verfügung, wie “behilft” er sich jetzt? (Bitte lassen Sie die Kunden diese Antwort geben. Googlen allein reicht nicht)
  • Wie reagieren Kunden auf meine ersten MVP’s? Was lerne ich von den Kunden daraus?

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Customer Insights sind ein gewichtiger Hebel für die kundenorientierte Innovationsarbeit. Sie liefern Antworten auf Fragen, die nur der Kunde beantworten kann. Hier erfahren Sie mehr.

 

2) Vertrieb, Online und Leadgenerierung

Die Problemstellung: Ein Unternehmen stellt sich die Fragen: „Wie können wir über unsere Online Kanäle mehr Kontakte, Leads, Interesse und mehr Informationssuchende gewinnen? oder: “Wir verlieren User, Userinteresse und Traffic! Warum??“

Das Unternehmen merkt, dass der Vertrieb zu wenig über das weiß, was den Kunden bewegt. Die Motive für oder gegen den Erwerb der Produkte und Dienstleistung sind nicht ganz klar und die USPs werden nicht oder nicht richtig verstanden. Vermutungen über eine angeblich sinkende Zahlungsbereitschaft der Kunden kursieren im Unternehmen, eine Antwort hat aber niemand! Neue Mitbewerber bedrohen das Geschäft, der Vertrieb hat aber keine Antworten, sondern schiebt eher Panik. Ist das berechtigt?

Fragen, die nur Ihre Kunden beantworten können:

  • Was ist die Story, was spricht die Kunden am besten an?
  • Wo liegen die Price-Thresholds? Welches Pricing ist akzeptabel?
  • Wie kann man die Conversion optimieren?
  • Hinweise auf den „compelling event“, also diejenigen Motive, die zu einer Hinwendung und einer klaren Entscheidung für das Produkt führen
  • Motive und Motivationen für die Kaufentscheidung, rationaler oder irrationaler Natur
  • Eine Einschätzung über die Mitbewerber und die USP kann nur der Kunde treffen.

 

3) Business Development

Die Problemstellung: Neben der reinen Produktentwicklung möchte ein Unternehmen ein neues Geschäftsmodell entwickeln, sich neuen Märkten nähern oder bestehende Services digitalisieren.

Fragen, die nur Ihre Kunden beantworten können:

  • Wie sieht das Customer Profile aus?
  • Wie muss das Produkt bzw. der Service und seine Value Proposition ausgestaltet sein?
  • Welche Wünsche hat der Kunde (Kontaktmöglichkeiten, Zahlungsweise etc.)?

 

4) Zielgruppen – Identifikation und Segmentierung

Die Problemstellung: Das Unternehmen hat generell keine, zu geringe oder veraltete Kenntnisse über seine Zielgruppe/n, Milieus und Kundentypologien. Bisherige Segmentierungen scheinen nicht mehr zu funktionieren, sind veraltet. Solche Zielgruppensegmentierungen betreffen alle im Unternehmen beschäftigten Units. Im Finance-Bereich können Risiko-Analysen über regionale und demographische Messungen ermittelt werden. Vertriebsleute brauchen Erkenntnisse über Verhalten und Prognosen über zukünftige Entwicklungen, Marketing bedient Brand, Reichweite und Aufmerksamkeit. Die Unternehmensführung richtet die Strategien auf sich verändernde Konsumgewohnheiten und entwickelt neue, passgenaue Business-Ideen.

Fragen, die nur Ihre Kunden beantworten können:

  • Wer ist/sind die aktuelle/n und potenzielle/n Zielgruppe/n?
  • Welche Werte, Einstellungen und Motive hat die Zielgruppe?
  • Wie wird das Produkt oder der Service von der Zielgruppe genutzt?
  • Wie haben sich Bedürfnisse verändert?
  • Welche demografische und statistische Auswertung hilft uns in der Reichweiten- und Vertriebsstrategie?
  • Was sagen uns Kunden über unseren Brand, unsere Marke? Was hat sich verändert?

 

5) Customer Insights Arbeit im Bereich Content Marketing

Die Problemstellung: Ein Unternehmen will seine Content Marketing Strategie verbessern. Die Frage ist: Welcher Content und welche Story zahlt bei gleichzeitig größtem Nutzen für den Kunden (Interesse, Relevanz) am besten auf die Unternehmens-Strategie ein? Im Bereich Content Marketing wird am wenigsten mit Kundenwissen gearbeitet. Das ist sehr gefährlich, weil mit der falschen Story entweder gar keine oder die falschen Zielgruppen adressiert werden.

Fragen, die nur Ihre Kunden beantworten können:

  • Was sind die Kernstories für unsere Kunden. Was ist die relevante „Story“?
  • Welche Varianten gibt es dazu? Welche Kanäle müssen „ausgespielt“ werden und in welchen Intervallen?
  • Wie sieht das Kosten/Nutzen-Verhältnis aus und wie helfen mir Kunden, dieses Verhältnis zu messen?

 

6) Erfolgskontrolle und ReLaunch – ReLaunch Desaster vermeiden. Erfolgsprognose erstellen und neue Produktfeatures entwickeln

Die Problemstellung: Das Unternehmen möchte die Produktabsatzzahlen über seine eCommerce Systeme steigern. Dafür ist es bereit, neben einfachen Conversionrate-Steigerungen komplexe Prozesse und Abläufe zu hinterfragen und zu optimieren.

Das Unternehmen möchte neue Produktfeatures entwickeln und launchen, man ist sich aber nicht sicher, welche Features-Bouquets und welche Releases-Zyklen sinnvoll sind und welcher Grenznutzen bei welcher Konstellation eine Rolle spielt.

Fragen, die nur Ihre Kunden beantworten können:

  • Wie erfolgreich kann der ReLaunch sein? Vermeidung eines „ReLaunch-Desasters“
  • Was sind individuelle Methoden und Hebel zur Conversionrate-Steigerung?
  • Welche Schwachstellen hat der eCommerce-Shop aus Sicht des Users?
  • Welche Gestaltungsmöglichkeiten erzielen die höheren Conversionraten?
  • Welche Features wünscht der User? Was sind die wichtigsten neuen Features?
  • Wäre der User bereit, für Features (mehr) zu zahlen? Wenn ja, für welche?
  • Sind die neuen Features selbsterklärend? Was muss berücksichtigt werden?

 

7) Redesign – New Identity und Brand

Die Problemstellung: Das Unternehmen plant eine Neuentwicklung der Corporate Identity. Die Neuausrichtung soll nach außen repräsentiert werden und umfasst z.B. ein neues Logo, neue Bildwelten, eine neue CI sowie Kampagnen-Ideen. Funktionieren die Ideen, die wir haben?

Fragen, die nur Ihre Kunden beantworten können:

  • Passt das neue Design und Logo zu unserer Zielgruppe? (Category- und Brand-Fit)
  • Welche Merkmale und Eigenschaften werden mit dem Logo assoziiert? Gibt es fatale Fehlassoziationen? Warum soll das wichtig sein? Die Antwort kann Ihnen vielleicht eine Compilation der 15 schlimmsten Logo-Fails darstellen.
  • Wie könnte das Logo oder die Kampagne optimiert werden?
  • Stimmen die Prognosen zur Reichweite?
  • Gibt es bessere Channel und Formate, als die geplanten Werbeformate?

 

Fazit:

Es ist keine gesunde Alternative im “Abwartemodus” in dem sich das eine oder andere Unternehmen eingerichtet hat, also in diesem Status Quo zu verharren und auf den “digitalen Feenstaub” zu hoffen und deswegen die Kommunikation mit dem Kunden auch gleich bleiben zu lassen.

Vermeintlich hoher Aufwand oder hohe Kosten sind keine Entschuldigung für eine Unterlassung. Das falsche Produkt, die falsche Kampagne, die falsche Sprache oder komplett unnütze Features kommen Sie viel teurer zu stehen! Die Customer Insights Rose soll Sie daran erinnern.

Wenn Sie möchten, die Rose einfach ausdrucken und ans Fenster kleben und sich immer an ein paar wichtige Hausaufgaben erinnern. Suchen Sie den Kontakt mit den Kunden so oft und so intensiv wie möglich!

In den nächsten Wochen, werden wir uns im Detail und Schritt für Schritt mit jedem der genannten Problemfelder beschäftigen. Ergänzend zu unseren eigenen Erfahrungen sammeln wir Customer Insight Erfolgs- und Misserfolgsgeschichten.

Schreiben Sie uns hier auf dem Blog oder an Matthias Henrici bei XING oder Linkedin.

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Matthias Henrici
Matthias Henrici

Management Garden Team

Matthias Henrici entwickelt seit Ende der neunziger Jahre wertschöpfende eCommerce-Projekte u.a. für deutsche als auch internationale Unternehmen. Seit 14 Jahren lehrt er als Dozent für Usability und Neuro-Marketing an deutschen Hochschulen und arbeitet als Conversion-Spezialist und Projektmanager für Safari sowie als freier Autor u.a. für den HighText Verlag, Computerwoche und die Wirtschaftspresse.

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